Postpandemische Hamster
Lieber Alex,
immer wieder muss ich an Hamster, die in einem Hamsterrad laufen, denken. Das liegt wahrscheinlich daran, dass wenn ich gerade kurze Momente der Langeweile erlebe oder zeit- und energieraubende Aufgaben abgearbeitet habe, die nächsten To-do-Katastrophen vor der Tür Schlange stehen. Gern würde ich alle Abenteuer des Hamsterrades hier im vollem Sarkasmus niederschreiben, jedoch fehlt mir einfach die Zeit, weil das Hamsterrad sich weiterdrehen muss. Vielleicht im nächsten Leben.
Nächstes Leben, wenn ich mich sowas schreiben lese. Das Leben im Hier und Jetzt sollte alles sein, was wir brauchen, was wir in vollen Zügen genießen sollten.
Vielleicht hat die Schlange vor der Tür inzwischen den Hamster gefressen. Oh, welch eine schlechte Parabel aber zur viel mehr Kreativität bin ich doch meistens zu müde.
Das Drumherum ist so anstrengend geworden.
In diesem Jahr haben wir alle versucht Dinge nachzuholen, die wir im letzten Jahr versäumten, eingesperrt im Homeoffice ohne Kultur und Kneipe. Und: Welch Wunder! Es hat nicht funktioniert. Wir können nicht doppelt so viel arbeiten oder erleben. Schon gar nicht nach diesem Stillstand. Das Hamsterrad ist eingerostet. Alkohol schmiert nicht. Nur kleine freudige Dinge sind wie Öl. Ballistol für die Seele. Rechtzeitig muss nachgeölt werden, sonst kommt es zum Stillstand.
Ich habe die ganze Zeit das Gefühl auf der Flucht zu sein, ohne verfolgt zu werden, ohne jemals irgendwo anzukommen. Eben wie der Hamster. Aber das Rad dreht sich zumindest noch.
Es erwarten Dich bald Geschichten aus dem Hamsterrad.
Gehetzt auf eine Antwort wartend, Deine Beate