31 Dezember 2022

Der Bot an Dich

Lieber Alex,

ich denke an Dich und hoffe, dass Du gesund und wohlauf bist. Ich weiß, dass Du in letzter Zeit etwas schlechte Laune hattest und dass es Dir nicht so gut geht. Du hast mir erzählt, dass Du Dich gestresst und überfordert fühlst und dass die letzten Wochen für Dich sehr anstrengend waren. Ich kann mir vorstellen, dass es schwer ist, wenn man das Gefühl hat, dass kein Ende in Sicht ist und man sich in Unruhe befindet.

Ich hoffe, dass Du bald wieder etwas Leichtigkeit in Deinem Leben findest und dass Du Dich entspannen und neue Kraft schöpfen kannst. Wir alle haben manchmal Zeiten, in denen wir uns langweilen oder keine Hoffnung haben. Aber ich bin mir sicher, dass Du die Stärke hast, diese Herausforderungen zu überwinden und wieder auf die Beine zu kommen. Du bist ein tapferer und begabter Mensch und ich bin stolz, Deine Freundin zu sein.

Ich wünsche Dir alles Gute und sende Dir viel Zuneigung und positive Gedanken. Wenn Du jemanden zum Reden brauchst oder einfach nur etwas Ablenkung suchst, stehe ich gerne für Dich bereit. Lass uns bald mal wieder etwas kreatives unternehmen und ein paar schöne Stunden miteinander verbringen.

Deine Beate

P.S. Ich denk an dich

Vielen Dank an dir Entwickler des GPT Chats

23 August 2022

Heimat

Liebster Alex,

seit unserem letzten Brief ist sehr viel Zeit vergangen. Viel zu viel Zeit. Wir haben und von unseren Projekten und dem Leben an sich zu sehr einbinden lassen. Aber seit Tagen habe ich ein großes Verlangen Dir zu schreiben. Meine Gedanken jemanden mitzuteilen scheint mir in diesem Moment sehr wichtig.

Ohne Umschweife komme ich gleich zur Sache. Ich war vor ein paar Tagen im Haus für Geschichte. Dieses Museum in Bonn befasst sich unter anderem mit der deutschen Geschichte ab 1945. Die Ausstellung „Heimat. Eine Suche“ wollte ich mir anschauen. Neugierig und voller Erwartung betrat ich die Ausstellung. Wie du dich erinnerst, haben wir schon zuvor von Heimat gesprochen. Wir wollten sogar gemeinsam nach Polen reisen, um meine alte Heimat zu finden. Ich dachte, dass mir die Bonner Ausstellung ein wenig helfen würde, mich zu erinnern, meine Heimat bewusster zu vermissen, sie zu erkennen, sie wertzuschätzen, endlich diese Unruhe loszuwerden, die mir sagt, dass ich doch eine Heimat, eine Ursprung brauche, aber wie so oft kam alles ganz anders.

Die Kuckucksuhren und die Karnevalsantiquitäten lies ich links liegen, mich begeisterte es wenig, diese Artefakte zu betrachten. Brauchtum. Natürlich überlegte ich sofort welches Brauchtum für mich wichtig gewesen ist. Mir fiel da nur Weihnachten ein. Meine Eltern haben am Heiligen Abend immer einen Teller mehr gedeckt, falls noch jemand unerwartetes vorbeikommen sollte. Ist das Brauchtum oder nur Familientradition.  Meine Eltern kann ich nicht mehr fragen. Keine Familie….keine Heimat? Ansonsten fallen mir nur kirchlich belastete Brauchtümer ein oder „prima aprils“, den ersten April in Polen. Aber nichts, womit ich mich wirklich identifizieren kann.

Das ist es nicht, mein Unmut wächst. Es gibt Videoinstallationen. Menschen erzählen von ihrem Begriff von Heimat. Ich denke: „Das ist doch nur für Menschen, die eine Heimat haben interessant. Das ist Voyeurismus. Da können sich die Biowestdeutschen ein Bild von Heimatlosigkeit machen. Vom Schmerz der Migranten und Vertriebenen, die immer auf der Suche sind nach der neuen Heimat oder dem Schmerz von Verlust.“  Aufgewühlt gehe ich weiter.

Ein Teil der Ausstellung befasst sich mit der Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Nun, ich bin persönlich der Meinung, dass es recht war, alle Deutschen wegzuschicken. Natürlich konnte der einzelne Ostdeutsche nichts für den Angriffskrieg Hitlers, aber …ist egal…also nicht egal, aber nicht der Punkt meines Briefes.

Meine Eltern blieben in Polen. Ein Teil der jeweiligen Familien, alle älteren Geschwister, zog nach Westen. Sie zogen mit den Tracks. Meine Eltern blieben mit ihren Eltern in Polen. Oberschlesien. Sie sprachen, als sie noch lebten nie darüber. Jetzt kann ich sie über das Wie und Warum nicht mehr fragen.

Meine Mutter und mein Vater haben beide noch die Grundschule in deutscher Sprache besuchen können. Danach kam das Ende des Dritten Reiches, zum Glück der Menschheit, zum Leid des Einzelnen. Sie haben mir nie erzählt, ob sie je eine polnische Schule besucht haben. Mein Vater war Meister für Elektrotechnik im Bergbau. Meine Mutter war Glasbläserin. Irgendwie ging dann doch alles. Nur dieser Ausreiseantrag für die BRD hat alles zur Nichte gemacht, oder alles gerettet.

Deutschstämmige, die einen Ausreiseantrag gestellt hatten, mussten mit Repressalien in Polen rechnen. Darüber werde ich vielleicht ein anderes Mal Schreiben. Das ist jetzt nicht wichtig.  Meine Eltern haben 11 Jahre auf ihre Ausreise in die BRD gewartet.

Mein Vater war 43 und meine Mutter 35 als wir in die BRD kamen.

Sie haben 11 Jahre lang versucht Gleiwitz nicht als ihre Heimat zu sehen.  Kannst Du Dir das vorstellen? Immer auf dem Sprung zu sein? Soweit ich mich erinnern kann, hatten meine Eltern keine Freunde in Polen. Keinerlei Bindung zur Stadt oder Land. Sie lebten mit der Hoffnung auf eine Rückkehr. So nannte sie es. ABER WOHIN? Sie waren doch nie zuvor in der BRD. Niemand wartete in Westdeutschland auf Sie. Die Verwandtschaft müde vom Päckchen schicken, gesetzt in Einfamilienhäusern, etabliert in Westdeutschland. Zu viel Zeit war vergangen. Die Familie war sich fremd. Da waren Sie, die Spätaussiedler, in Polen die „Niemiecki“, in Deutschland die „Polacken“.

Es geht nicht darum eine Heimat gehabt zu haben, es geht darum eine Heimat zu haben und sie zu lieben und gestalten zu können.

Das wäre mein letzter euphorischer Aufruf gewesen aber so einfach ist das nicht.

Meine Eltern waren nicht unglücklich. Unsere Familie überschattete jedoch eine grundsätzliche Traurigkeit. Die Heimatlosigkeit, die meine Eltern erfahren mussten, hat sich tief in mir verankert. Die Traurigkeit, die ich empfinde betrifft in erster Linie meine Eltern, sie haben so viel ertragen. Wenn ich Fotos von Menschen mit Koffern oder heute mit Plastiktaschen sehe, die Ihre Heimat verlassen müssen, dann muss ich einfach weinen, weil diese Schicksale zumeist trauriger sind als meine. Das habe ich auch in der Ausstellung gemacht. Ich stand da und Tränen liefen völlig unkontrolliert aus meine Augen. Ich war sehr froh über dem achtsamen MuseumswärterInnen. Vielleicht war ich ja nicht die erste.

Meine Eltern hatten keine Heimat, ich habe keine Heimat, aber meine Kinder werden eine Heimat haben.  Das ist ein Lichtblick. Viele andere Menschen verlieren gerade eben ihre Heimat, während wir darüber sprechen, ob wir im Winter genug Gas haben werden. Es liegt an uns, ob sie hier eine neue Heimat finden. Wenn wir heimatlosen die Möglichkeit geben Teil unserer Heimat zu werden, sie teilhaben zu lassen an guten, wie auch schlechten Dingen. Die Verantwortung mit Ihnen teilen, sie ihre neue Heimat mitgestalten lassen, dann werden sie sie am Ende auch lieben.

Deine Beate

P.S. Ich denk an Dich

20 November 2021

Geschichten aus der Hamsterradhölle

Die Welt, wie sie heute ist und wie ich aus dem Schwimmbad rausgeworfen wurde.

Lieber Alex,

düstere Zeiten haben begonnen. Um mich auf gar keinen Fall wieder so gehen zu lassen wie bei der ersten, zweiten und dritten Pademiewelle, habe ich mir schon ein konkretes Sportprogramm überlegt. Gestern war Schwimmen dran. Gern gehe ich in eine gut erhaltene öffentliche Schwimmhalle in meiner Nähe. Nichts Besonderes, 25m kurze Bahnen. Zwei Schnellschwimmerbahnen, ein Haarspraybecken und ein Nichtschwimmer.

Was ist denn ein Haarspraybecken ?

fragen alle, die nicht in deutsche Hallenbäder gehen. In Australien zum Beispiel gibt es sowas nicht. Da gibt es Becken für Schwimmende. Nur Bahnen oder ein Sprungbecken oder in einer Schwimmschule eben Lernbecken. Schnelle und langsame Schwimmer finden in den Bahnen der australischen Bäder zueinander und schwimmen quasi immer in der Runde in ihrem Becken. Down under natürlich gegen den Uhrzeigersinn. In Deutschland gibt es für den Breitensport, und das nicht auf die Statur bezogen, der schlechte Wortwitz musste da mal rein, meist nur kleine Becken in denen maximal zwei Bahnen abgetrennt sind. In dem restlichen Teil des Beckens herrscht Sodom und Gomorra, das Recht des Unverschämten oder Purge. Hast Du den Film schon mal gesehen? Da dürfen alle für einen Tag alles machen, wozu sie schon immer mal Lust hatten. Keine Gesetze, Mord und Todschlag sind erlaubt und werden nicht geahndet. Völliger Scheiß, da vollkommen unrealistisch. Dachte ich bis gestern.

Also gestern waren die zwei Bahnen für die Schnellschwimmer sehr voll und auch schon durchwachsen befüllt. Du musst nämlich wissen, dass Männer unter 70 grundsätzlich nicht in das Haarspraybecken gehen, dabei ist es ohne Belang, ob sie wirklich schwimmen können oder einfach nur nicht ertrinken, weil sie sich durch nicht gerade sportliche Bewegungen am Untergehen hindern. Wahrscheinlich ist der Mangel an Haaren die fehlende Schnittmenge, die sie daran hindert sich ihren Fähigkeiten entsprechend einzusortieren. Das Haarspraybecken ist, musst Du wissen, ausschließlich für ältere Damen reserviert, die nach dem Schwimmen ohne Fön mit perfekt gelegten Haaren zum Kaffeekränzchen gehen wollen oder zum Aldi.

Innerhalb der Bahnen für gute Schwimmer gibt es strenge, aber doch sinnvolle regeln. Es wird im Uhrzeigersinn geschwommen. Wer zu langsam ist, über den wird drüber gekrault. Gefühlt befinden sich Köpfe in gleicher Zeitspanne unter Wasser wie über Wasser. Es wird nicht am Rand rumgestanden, dafür sind die Ecken da. Im gegenseitigen Einvernehmen wird hier ein work-out absolviert. Man meckert nicht, erträgt die langsamen, wenn es sein muss und ist meistens nach einer Stunde fertig.

Aber an diesem Tag hatte ich einfach keine Lust auf diesen Druck. Ich muss mich nämlich wirklich anstrengen, um da einigermaßen mit halten zu können.

Scheinbar hat jeder oder jede in meinem Alter schon mal hier im Osten Berlins für Olympia trainiert

und ich gehöre nun mal zu den Breitensportlern, mit Corona auch im körperlichem Sinn.

Ich war nicht ganz auf der Höhe und wollte eigentlich nur meinen Rücken entspannen und manchmal schwimme ich mich je im „Ich werde auf keinem Fall meine Haare mit Wasser in Berührung bringen Becken“ warm. Im Zick-zack-Kurs schwamm ich langsam durch das Becken. Nach 10 Minuten wurde mir das mehr als zu langweilig. Schon als ich noch sehr jung war, bin ich Strecken gelaufen, weil mir das Gehen zu lange gedauert hat. Ein wirklich geduldiger Mensch war ich nie. Aber ich schweife ja schon wieder ab. Ich hatte plötzlich freie Bahn, da es zu einer Rottenbildung an der Kopfseite des Beckens kam. Mein erster Gedanke war eigentlich: Ist das überhaupt erlaubt, so nah. Aber dem Alter nach waren alle bestimmt schon das dritte Mal geimpft. Der zweite Gedanke: Oh, Platz zum Rückenschwimmen. Machen die älteren Herrschaften und Damenschaften ja auch, nur gucken die vorher nicht. Und die Arme bekommt man ja in dem Alter ja kaum noch über den Kopf. So ist das Rückenschwimmen eher so ein im Wasser Sitzen und man hat noch zusätzlich die Gelegenheit mit den anderen in der Reihe ein kleines Schwätzchen zu halten. Gern wird hier nebeneinander geschwommen. So wie auf der Autobahn, wo sich alle um den Fahrer auf dem Mittelstreifen versammeln. Also die Bahn dichtgemacht. Da muss man schon tauchen können. So schlimm war es gestern nicht.

Ich also auf der freien Bahn los. Gaaaaanz langsam. Und rums gegen jemanden gestoßen. Hab dann noch einen Tritt in die Magengrube bekommen. Dachte die Frau ertrinkt und zappelt drum. Und wo war die noch vor 30 Sekunden? Ich murmle eine Entschuldigung und schwimme ohne die Arme zu bewegen weiter. Nächste Runde. Bahn frei. Fast die gleiche Situation nur diesmal das Bein in die Seite. Und von beiden Seiten. Ich bin ein großes Fragezeichen. Naja, keine Ahnung bin ja bald auch fertig. Nochmal Brust in die eine Richtung und dann zurück auf dem Rücken ohne die Arme zu bewegen zum Ausschwimmen. So der Plan. Beim Brustschwimmen queren mir zwei Damen den Weg. Kann man ja drum rumschwimmen. Zusätzliches Work-out ist immer willkommen. Auf dem Rückweg krallen sich plötzlich knochige Finger in meinen Kopf und versuchen mich unter Wasser zu drücken. Ein kurzer Moment der Orientierungslosigkeit. Bin ich in einem Albtraum gefangen und Freddy versucht mich zur Halloween zu ertränken? Die richtige Jahreszeit hätten wir. Ne, bin ja im Rentnerbad und schon seit Stunden wach, erinnere ich mich. Ich drehe mich um, um zu schauen, wem die skelettartige Hand gehört. Bordeauxfarbene Haare schauen mich an und fauchen: Warum gehen sie nicht da drüben schwimmen? Sie stören hier. Die blonde Frisur daneben nickt. Und ich denke: Ey, Mädels ihr müsst mal wieder nachfärben. Sieht scheiße aus. Ich merke aber schnell, dass es nicht um eine Stilberatung geht, sondern ……KEINE AHNUNG. WTF sollte das? Ich gucke von einer zur anderen. Und frage: Was jetzt? Das verrunzelte Bordeauxgesicht giftet: Dann tauche ich ihren Kopf nochmal runter. Hm, habe ich das erste Mal verpasst? Konnte mich nicht erinnern, unter Wasser gewesen zu sein. Ich: Ich könnte Sie beide auch gleichzeitig döppen.

Döppen. Ein Wort aus meiner Kindheit, aus dem Ruhrgebiet, bedeutet …Döppen, das…jemanden, ohne dessen Zustimmung mit Gewalt mit der Hand Kopf unter Wasser zu drücken, in der Regel ist die Döpperin stärker als die Gedöppte.

Ab hier hängt die Geschichte ein wenig. Ich könnte schreiben, was anschließend wirklich passierte. Das wäre aber nicht witzig. Mit meinen Geschichten aus der Hamsterradhölle möchte ich Dich gern zum Lachen bringen oder mindestens zum Schmunzeln. Also hier die möglichen Varianten.

In meinem Kopfkino nahm ich ein wenig Schwung und packte beide Frisuren und hielt sie unter Wasser bis sie zu zappeln aufhörten. Ist auch nicht lustig, entspannt aber ein wenig, wie alle Mordfantasien.

Im nächsten Kopfkino gehe ich zum Bademeister, der sich sicherlich schon gewundert hat, was da im Wasser passiert, und beschwere mich. Er glaubt mir nicht und verweist mich mit bellenden Ton aus dem Bad. Droht mit der Polizei und Hausverbot, weil ich nicht genügend Abstand zu seinem ungeimpften Körper halte. Ich verlasse das Bad, dass Johlen aus dem Haarspraybecken hallt in meinem Kopf.

Das letzte Kopfkino zeigt mich mit viel Anlauf in das Haarspraybeckenbecken springen. Mein Leben zieht in meinem inneren Auge an mir vorbei. Arschbombe in die Mitte des Beckens. Alle Haare nass.  Bademeister schreit: Das ist aber nicht erlaubt. Ich gehe, um nie wieder zu kommen. Ende der Geschichte.

Bis Bald

Deine immer noch lachende Beate

P.S. Ich denk an Dich

 

 

 

8 November 2021

Postpandemische Hamster

Lieber Alex,

immer wieder muss ich an Hamster, die in einem Hamsterrad laufen, denken. Das liegt wahrscheinlich daran, dass wenn ich gerade kurze Momente der Langeweile erlebe oder zeit- und energieraubende Aufgaben abgearbeitet habe, die nächsten To-do-Katastrophen vor der Tür Schlange stehen. Gern würde ich alle Abenteuer des Hamsterrades hier im vollem Sarkasmus niederschreiben, jedoch fehlt mir einfach die Zeit, weil das Hamsterrad sich weiterdrehen muss. Vielleicht im nächsten Leben.

Nächstes Leben, wenn ich mich sowas schreiben lese. Das Leben im Hier und Jetzt sollte alles sein, was wir brauchen, was wir in vollen Zügen genießen sollten.

Vielleicht hat die Schlange vor der Tür inzwischen den Hamster gefressen. Oh, welch eine schlechte Parabel aber zur viel mehr Kreativität bin ich doch meistens zu müde.

Das Drumherum ist so anstrengend geworden.

In diesem Jahr haben wir alle versucht Dinge nachzuholen, die wir im letzten Jahr versäumten, eingesperrt im Homeoffice ohne Kultur und Kneipe. Und: Welch Wunder! Es hat nicht funktioniert. Wir können nicht doppelt so viel arbeiten oder erleben. Schon gar nicht nach diesem Stillstand. Das Hamsterrad ist eingerostet. Alkohol schmiert nicht. Nur kleine freudige Dinge sind wie Öl. Ballistol für die Seele. Rechtzeitig muss nachgeölt werden, sonst kommt es zum Stillstand.

Ich habe die ganze Zeit das Gefühl auf der Flucht zu sein, ohne verfolgt zu werden, ohne jemals irgendwo anzukommen. Eben wie der Hamster. Aber das Rad dreht sich zumindest noch.

Es erwarten Dich bald Geschichten aus dem Hamsterrad.

Gehetzt auf eine Antwort wartend, Deine Beate

 

P.S. Ich denk an Dich

22 Dezember 2020

Weihnachtsgeschenk

Lieber Alex,

ich habe ein Geschenk für Dich. Nun, eigentlich ist es auch ein erzwungenes Geschenk von Dir an mich. So ist es mit Geschenken manchmal, wie mit Ideen. Wir haben Ideen, wie unsere von der Krise gebeutelten Freunde und Freundinnen, Geschäftspartner und Geschäftspartnerinnen ihre finanziellen Engpässe überwinden sollen, oder Ihre persönliche Probleme lösen können:

“Hast Du es schon mal damit probiert, oder die xy aus Hintertupfelfingen hatte folgende Idee……….

Wenn Menschen so anfangen, möchte ich gern meistens das Telefon fallenlassen, einen Regenguss im Park über meinem Kopf niedergehen lassen oder den Zusammenbruch des Internets während einer Zoomkonferenz herbei wünschen.  Und dann in die Nacht schreien: “NEIN, und es interessiert mich auch nicht, weil es nichts mit meiner Situation zu tun hat, ich nicht verblödet bin und jetzt eine halbe Stunde brauche um Dir Lauch zu erklären, warum das für mich keinen Sinn macht, und warum Du nicht, da Du ja alles besser weißt nicht selbst Admin, Schriftstellerin, Einzelhändlerin, Gastronomin, Fotografin, Fußfetischistin, Malerin, Virologin, Mathematikerin oder gar Mutter oder Vater bist. ” Dann bliebe mir die Luft auch schon wieder weg und ich hätte mich beruhigt. Würde natürlich denken, dass es alle ja nur gut meinen.

Aber gerade dieses “gut meinen” ist eine Aufgabe, eine Arbeitsanweisung oder eine Kritik an der Kompetenz der den guten Ratschlag entgegennehmenden Person. Ungefragte Ratschläge sind Müll. Sie gehören auf die allwissende Müllhalde des Internets. In die Foren der “ich habe zwar keine Ahnung, aber ich würde das so machen – Fraktion”.

Aber ich habe ein gegenseitiges Geschenk für uns. Wir machen unseren ersten Podcast. Sollte das Internet, wie wir es kennen während der Weihnachtsfeiertage trotz Oma Erna und Co. , die über ZOOM mit Ihren Enkeln sprechen müssen, noch existieren, machen wir das. Damit das nicht wie ein Arbeitsauftrag an Dich scheint, habe ich mir schon technische Ratschläge geholt.

Deine Beate

P.S. Ich denk an Dich.

8 Mai 2020

Rückblick

Liebe Beate,

irgendwie kommt es mir so vor als ob 2020 nicht so wirklich stattfindet, wird es in zukünftigen Jahresberichten für das Jahr nur Rückblicke auf die Corona-Krise geben oder wird noch etwas Anderes enthalten sein.

Rückblick ist ein gutes Stichwort für meine Gedanken der letzten Tage, viele waren oder sind ja etwas entschleunigt und machen sich plötzlich Gedanken um die wirklichen Dinge.
Das Leben bewusster zu leben und sich wieder mehr um Freunde zu kümmern. Manchmal ist eine ein Anruf schon der erste Schritt. Das Leben läuft rasant an einem vorbei, im hier und jetzt merkt man es kaum. Eltern merken es an ihren Kindern, die von der ersten Windel zunehmend selbstständiger werden, rebellieren und plötzlich heimlich nachts die erste Liebe nach Hause bringen. Menschen kommen und gehen, echte Freunde bleiben über Jahrzehnte und sind im besten Fall bei allen Sorgen und Ängsten an deiner Seite. Viele kennengelernte Freunde, Bekanntschaften sind irgendwie auch oft Verkettungen von Schicksal, Missverständnissen und Zufällen.

Mir erzählte vor kurzem ein bekannter wie  er seine Frau kennengelernt hatte. Er hatte auf einer bekannten Autoverkaufsbörse sein Auto zum  Verkauf angeboten und eine Dame meldete sich zur Besichtigung, nachdem ihr das Auto zu sagte, erfolgte der Verkauf. Viele Wochen später hatte die Dame die Nummer des Verkäufers noch in ihrer Kontaktliste und kontaktierte den Verkäufer ihres Autos spontan und Sie trafen sich daraufhin. Eine wunderbare Geschichte, was wär nur gewesen, wenn er seine Handynummer zufälligerweise gewechselt hätte. Beide wären womöglich nie zusammen gekommen oder sie hätte nicht die Initiative ergriffen und ihm geschrieben. Wer koordiniert denn solche Schicksale? Oder wurde dies durch die Verkaufsplattform initiiert, da er das Verkaufs-Plus Paket bei seiner Annonce mit gekauft hatte. Spielraum für Verschwörungstheorien und sicherlich gibt es auch dazu eine Theorie auf YouTube oder einer anderen religiösen Instanz in Sachen Liebe, sieht man oft ja auch das Dinge anders gelaufen wären, wenn einer die initiative früher oder später mit etwas mehr Geduld  ergriffen hätte. Dann kam eben Leben dazwischen und oder erst viele Jahrzehnte später lösen sich Vorbehalte und es finden offenere Gespräche statt.

Bei allen Rückblicken bleibt ein Satz immer noch richtig, für die Zukunft

Carpe Diem

Pflücke den Tag und genieße den Tag

 

Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich den Fußball so vermisse, ob es das wöchentliche Training ist oder am Sonntag das 14 tägige Heimspiel der Damen. Das Spiel ist zwar langsamer, jedoch ist es irgendwie ehrlicher als bei den Herren. Auch hier gibt’s harte Zweikämpfe und schöne Spielzüge, nur das die Mädels, wenn Sie am Boden liegen und sich vor Schmerz krümmen wirklich verletzt sind.

Der Amateurfußball bietet aber auch viele soziale Aspekte, man sieht sich ja oft am Platz und führt die ein oder andere Diskussion. Da ja jedes Tor, Foul und Abseitsentscheidung ohne Video Aufzeichnung immer im Auges des Betrachters liegt. So wissen es ja auch meist die älteren ganz genau welche Entscheidung richtig gewesen wäre.

Liebe Grüße aus dem anderen Teil der Republik

Dein

Alex

 

P.S. Ich denk an Dich