15 April 2020

Angst-Panik-keine Pointe

Lieber Alex,

voller Angst, sogar fast panisch schreibe ich Dir. Diesmal ist es kein witziger oder pointierter Brief. Lieber würde ich Dir schreiben, dass mir Dein Link zu der Kinokritik zu den Känguru-Chroniken in den Morgenstunden, wusste gar nicht, dass Du schon so früh aktiv sein kannst als Nerd, so viel Freude bereitet hat. Aber das Tagesgeschehen reißt einen so schnell in die harte Realität. Schneller, wenn Frau jeden Morgen Radio hört wie ich.

Schon seit gestern warte ich, wie viele Bürger auf die neuen Regeln zur Lockerung des Lockdowns. Mir wird ganz schlecht bei dem Gedanken, dass diese Leopoldina Empfehlung über uns alle entscheiden soll. Es gibt mehr Männer, die diese Empfehlung erstellt haben und mit Vornamen Thomas heißen, als es Frauen gibt, die beteiligt waren. Ich kann mich darüber nicht einmal mehr aufregen, Du kennst mich, Du weißt wie ich lospoltern kann.

Jetzt aber fühle ich nur eine große Angst. Das mag albern klingen aber ich glaube, dass ich nicht die Einzige bin, der es so geht. Ich bin nicht einzigartig.  Ich hatte da so einen Gedanken, den ich kaum zu formulieren wage: So ging es bestimmt den Menschen, früher (oder vielleicht noch heute) wenn Sie auf die Entscheidung Ihres Staatsoberhauptes warteten, ob es einen Krieg gibt oder nicht. Ich denke nicht an die bekloppten, die auf den Straßen tanzten als es hieß, es gäbe Krieg, sondern an Eltern, Gattinnen, Großeltern, die an die Menschen dachten, die sie in diesem Krieg verlieren könnten.

Diese Machtlosigkeit gegenüber der Obrigkeit oder der Meinung der Lauten ist beinahe schmerzhaft. Nein, nicht beinahe, völlig real. Sie ist einfach da.

Ich weiß, das ist ziemlich anmaßend, aber bringen wir unsere Lieben nicht in Gefahr? Unsere Kinder, Eltern, Freunde, alle. Das klingt übertrieben. Doch denke ich, dass viele zusammengerollt in Ihren Betten liegen und Angst haben, weinen und sich nach einer Umarmung sehnen. Ich glaube, wir können es einfach langsam angehen lassen. Das schöne Leben, von dem wir immer Träumen werden wir je nie haben, so Steiner & Madleina, dann macht es doch nichts weiter aus, als einfach mal zu Hause zu bleiben. Selbst wenn einige Ihr Abitur oder MSA-Prüfungen in diesem Jahr nicht machen, ist es keine Tragödie, wenn man die Welt insgesamt betrachtet. Wir müssen uns von dem Klein-Klein unserer beschränkten Welt lossagen.

Endlich die Durchsage im Radio, dass es erst am 04. Mai weitergeht, mit was auch immer.

Ich warte sehnsüchtig auf eine aufmunternde Antwort

Deine Beate

 

P.S. : Ich denk an Dich

14 April 2020

Kommunikation

Lieber Alex,

sehnsüchtig habe ich auf Deinen Brief gewartet und voller Freude habe ich heute Deine Zeilen gelesen. Nicht auszudenken, dass Menschen früher so kommuniziert haben. Also nicht so digitale Briefe, wie wir das hier machen, sondern mit RICHTIGEM Papier. Und Tinte. Die haben bestimmt ganz lange darüber nachgedacht, was sie gleich aufschreiben werden. Meistens ist ganz viel Zeit vergangen bis man eine Antwort bekommen hat.

Das ist ungefähr so, als wenn Du im Netz der Telekom eine SMS verschickst und Du und Dein Telefon ganz weit entfernt seid, von einem Funkmast, also in der Provinz oder noch genauer in Brandenburg. Aber auch eine Whatsappnachricht kann im WLAN der Deutschen Bahn Minuten brauchen oder gar Stunden, bis Sie versendet wird. Junge Menschen bemerken das gar nicht, weil Sie gaaaaaanz viele andere Nachrichten zu hören haben, ob die schon mal drüber nachgedacht haben, zu telefonieren, weil da hätte man doch gleich die Antwort, oder ist das jetzt eine zu verwegene Idee? Aber so einem Rentner, dem macht es was aus, da kann man schon mal hinterhertelefonieren, um zu fragen, ob den die Whatsapp auch angekommen ist. Auch ruhig im Ruhebereich der Bahn. Das ist wie eine E-Mail abschicken und dann auch gleich anzurufen, ob Sie denn schon gesehen hat, weil ist ja die einzige E-Mail, die Frau so am Tag bekommt, also die jetzt wiiiirklich wichtig ist. Die,  die man gleich beantworten muss. Auch hier ist mir der Gedanke der direkten Kommunikation über Telefon gleich in den Sinn gekommen, nein das ist zu absurd.

Absurd ist finde ich inzwischen zwanghafte Videokonferenzen zu veranstalten, täglich, stündlich, den ganzen Tag. Was ist so falsch an einfachen Telkos?

Quasi Gruppenchats mit Sprache und direkten Antworten aber ohne das Bild

Von langhaarigen, ungepflegten Menschen, die sich im Gesicht rumfummeln, in der Regel sitzend vor einer Regalwand. Halt! Das sind ja nur die im Fernsehen. Die normalen Menschen sitzen auf dem Sofa und Du kannst die geschmacklosen Bilder aus dem Baumarkt im Hintergrund sehen, die irgendwie farblich zum Interieur gepasst haben und das Geld für eine limitierten Druck vom Hipsterkunstversand nicht mehr reichte ….ich schweife ab. Also,  vielleicht wissen die nicht, dass es solche Funktionen auch am Festnetztelefongerät gibt, oder auch am Smartphone, ohne unerwünschte Besucher im Zoom und ohne Angst haben zu müssen, dass Daten von Skype abgegriffen werden und die bei der NSA landen und wir alle in Guantanamo gefoltert werden, weil wir den f*ing Präsidenten beleidigt haben, aus Versehen, nicht mit Absicht. Ah, apropos USA. Der Virus verändert nicht nur den Präsidenten der Vereinigten Staaten. Auch Lehrer werden zur E-Learning-Experten, zumindest im Rahmen Ihrer Möglichkeiten. Ich versuche es mal vorsichtig zu formulieren: Nicht jeder ist ein Youtube-Star, der die Kids zum Mathe lernen motivieren kann.

In freudiger Erwartung auf Deine Antwort bei einem Glas Silvaner

Deine Beate

 

P.S.: Ich denk an Dich